Post-/Long-COVID-19-Syndrom als „Besonderer Verordnungsbedarf“
Atembeschwerden, Erschöpfung, Gelenkschmerzen … Das „Post-/Long-COVID-19-Syndrom“ hat viele Gesichter. Bisherige Studien belegen, dass mindestens 10 Prozent der Menschen, die eine Corona-Infektion durchgemacht haben, an gravierenden Folgesymptomen leiden.
Das Spektrum von ca. 50 Symptomen reicht von – um nur einige zu nennen – Kopfschmerzen, Müdigkeit und massive Erschöpfung, Atembeschwerden, Muskelschwäche bis zu neu aufgetretenen Stoffwechselerkrankungen, depressiven Verstimmungen und Angststörungen.
Dieses komplexe Beschwerdebild wurde nach den Vorgaben der WHO als ICD10-Code kodiert:
ICD10-Code: U09.9 Textdiagnose: Post-COVID-19-Zustand, nicht näher bezeichnet“
Die Verordnung von Heilmitteln bringt Erleichterung für alle:
U09.9 wird als Besonderer Verordnungsbedarf (BVB) anerkannt:
Die Indikation „Post-COVID-19-Zustand-nicht näher bezeichnet“ mit dem ICD10-Code U09.9 wird ab 01.07.2021 bei der Heilmittelversorgung in die Liste des BVB aufgenommen. Die Diagnoseliste für den besonderen Verordnungsbedarf wird zum 01.Juli entsprechend ergänzt und in die Software-Programme aufgenommen.
Das Budget der verordnenden ÄrztInnen wird damit durch die Ausstellung von Heilmittelrezepten mit der Diagnose „U09.9 – Post-COVID-19-Zustand-nicht näher bezeichnet“ bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht mit den Verordnungskosten belastet. Genau genommen wird es wie bei allen BVBs zunächst in das Budget gerechnet, jedoch vor einer Wirtschaftlichkeitsprüfung wider herausgerechnet. Im Ergebnis sind sie damit budgetfrei.
Höchstverordnungsmenge/Rezept: Als Diagnose des BVB können ÄrztInnen bei den Verordnungen von Heilmitteln bei U09.9 von der im Heilmittelkatalog (HMK)vorgegebenen Höchstmenge/Rezept abweichen. Die Verordnungsmenge ist so zu bemessen, dass die Behandlung theoretisch in 12 Wochen abgeschlossen werden kann: Verordnungsmenge ./. Wochenfrequenz =/kleiner 12. Ist als Wochenfrequenz eine Spanne angegeben, also 1-2 oder 2-4 … nimmt man zur Berechnung der Bemessungsgrenze den höheren Wert. Möglich wären also z.B. 24 x … 1-2/Woche oder auch 36 x …1-3/Woche oder oder auch 48 x …Doppeltermin 2-4/Woche = 24 Doppeltermine…. Ist die Verordnung richtig ausgestellt, verliert die Verordnung NICHT ihre Gültigkeit, sofern der 12-Wochen-Behandlungszeitraum überschritten wird. Wichtig ist jedoch, dass Unterbrechungen entsprechend der Vorgaben aus dem gültigen Rahmenvertrag (aktuell den noch alten Rahmenverträgen) begründet sind. (HMR §7(6) zu §16 Absatz 4). Näheres wird hier hoffentlich auch noch der bundeseinheitliche Rahmenvertrag bringen, denn aus meiner Sicht ist es nicht eindeutig geklärt wie es sich verhält, wenn sich der 12 Wochen-Behandlungszeitraum nicht durch eine Unterbrechung verlängert sondern einfach dadurch, dass ein Patient die Spanne von 1-3 nutzt und eben ab und an auch nur 1 pro Woche kommt.
Orientierende Behandlungsmenge:
Die im HMK aufgeführte orientierende Behandlungsmenge muss von den ÄrztInnen nicht berücksichtigt werden.
Diagnosegruppe: Damit die Budgetfreiheit einer Verordnung von den Kostenträgern bei der Abrechnung anerkannt wird, muss der ICD10-Code U09.9 zusammen mit einer der Diagnosegruppen auf dem Rezept stehen, die von der Diagnoseliste des BVB vorgegeben wird:
Mögliche Diagnosegruppen in der Physiotherapie sind:
AT – Störungen der Atmung:
WS – Wirbelsäulenerkrankungen
Zu beachten ist, dass U09.9 im Zusammenhang mit der Diagnosegruppe EX KEIN BVB ist !!!
Mögliche Diagnosegruppen in der Ergotherapie sind:
SB1 – Erkrankungen der Wirbelsäule, Gelenke und Extremitäten (mit motorisch-funktionellen Schädigungen)
PS2 – neurotische, Belastungs-, somatoforme und Persönlichkeitsstörungen
PS3 – wahnhafte und affektive Störungen/Abhängigkeitserkrankungen
Nur in Verbindung mit einer dieser Diagnosegruppen ist die Diagnose U09.9 budgetfrei und nur dann bezahlen die Krankenkasse eine über die Höchstverordnungsmenge hinaus ausgestellte Verordnungsmenge.
Heilmittel:Verordnet werden können dann die Heilmittelleistungen, die unter Punkt 3 bei den entsprechenden Diagnosegruppen im HMK vorgegeben sind. Die ausgestellte Verordnungsmenge kann dabei auf bis zu 3 vorrangige Heilmittel verteilt werden.
Fazit: Aufgrund der Anerkennung des Post-/Long-COVID 19-Syndrom als besonderer Verordnungsbedarf gibt es grundlegende Entlastungen. Hoffen wir auf ein allgemeines Aufatmen können!
Quelle: KBV Praxisnachrichten v. 10.06.2021
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